Kronenraddifferenzial

Genau 30 Jahre nach dem Debüt des ersten quattro hat Audi die jüngste Evolutionsstufe seines permanenten Allradantriebs für längs eingebaute Frontmotoren eingeführt – den quattro-Antrieb mit Kronenraddifferenzial und radselektiver Momentensteuerung.

Im Inneren des neuen Mittendifferenzials, das sein Debüt Anfang 2010 im RS 5 gab, drehen sich zwei Kronenräder, die ihren Namen ihrer Verzahnungsgeometrie verdanken. Das hintere Rad treibt die Kardanwelle zum Hinterachsdifferenzial an, das vordere den Abtrieb zum Vorderachsdifferenzial. Die Kronenräder stehen mit vier drehbar gelagerten Ausgleichsrädern im Eingriff. Sie sind im 90-Grad-Winkel zueinander angeordnet und erhalten ihren Antrieb vom Gehäuse des Differenzials, also von der Getriebeausgangswelle.

Im normalen Fahrbetrieb drehen sich die beiden Kronenräder so schnell wie das Gehäuse. Aufgrund ihrer speziellen Geometrie ergeben sich gezielt ungleiche Hebelwirkungen: In der Grundverteilung gehen 60 Prozent des Motormoments zum Differenzial der Hinterachse und 40 Prozent nach vorne.

Wenn sich die Momente verschieben, weil der Grip an einer Achse nachlässt, entstehen unterschiedliche Drehzahlen und axiale Kräfte im Inneren des Differenzials – sie führen dazu, dass die benachbarten Lamellenpakete aneinander gepresst werden. Die entstehende Selbstsperrwirkung leitet nun das Gros des Antriebsmoments auf die Achse mit der besseren Traktion, bis zu 85 Prozent fließen nach hinten. Im umgekehrten Fall – wenn die Hinterachse weniger Grip hat – vollzieht sich dieser Vorgang entsprechend, jetzt fließen bis zu 70 Prozent der Momente an die Vorderachse.


Mit dieser noch breiteren Momentenverteilung übertrifft das Kronenraddifferenzial seine Vorgänger – die Traktion wird noch besser. Die Umverteilung der Kräfte und Momente erfolgt ohne zeitliche Verzögerung und absolut homogen, die aktive mechanische Arbeitsweise garantiert höchste Effizienz und verzögerungsfreie Reaktionen. Weitere Stärken des Kronenraddifferenzials sind seine Kompaktheit und das geringe Gewicht – mit 4,8 Kilogramm ist es etwa zwei Kilogramm leichter als sein Vorgänger-Bauteil.

Audi koppelt das Kronenraddifferenzial mit einer intelligenten Softwarelösung im Bremsenmanagement, der radselektiven Momentensteuerung. Sie kann auf jedes der vier Räder gezielt zugreifen. Das neue System macht Kurvenfahrten noch präziser und dynamischer.

Bei schneller Kurvenfahrt ermittelt die Software aus der Lenkvorgabe und der Position des Gaspedals die optimale Verteilung der Antriebskräfte auf alle vier Räder. Wenn sie erkennt, dass die entlasteten kurveninneren Räder bald durchrutschen werden, bremst sie sie ganz leicht ab – ein feines Anlegen der Beläge an die Scheibe mit minimalem Druck genügt.

Über die Wirkung des Differenzials können sich die kurvenäußeren Räder an diesem Bremsmoment „abstützen“ und somit ihrerseits mehr Antriebsmoment auf die Straße bringen. Die Unterstützung erfolgt gleitend und kontinuierlich. Das Auto bleibt merklich länger neutral, das Untersteuern beim Einlenken und Beschleunigen wird praktisch neutralisiert, und die Eingriffe des ESP erfolgen später und weicher – falls sie überhaupt noch nötig sind.


Stand: 2011