Audi quattro mit ultra-Technologie
Beim permanenten Allradantrieb quattro hat Audi seinen Vorsprung über mehr als drei Jahrzehnte hinweg ausgebaut. Jetzt folgt der nächste große Schritt – quattro in Verbindung mit ultra-Technologie.
Das Entwicklungsziel von quattro mit ultra-Technologie: ein auf Effizienz optimierter Allradantrieb, der bei Traktion und Fahrdynamik keinen Unterschied zu permanenten Systemen spüren lässt. Bei Verbrauch und CO2-Emission soll er in seiner Klasse besonders unter Alltagsbedingungen Zeichen setzen: Audi‑Entwickler haben mit entsprechend ausgerüsteten Erprobungsfahrzeugen durchschnittlich rund 0,3 Liter/100 km weniger Kraftstoff verbraucht als mit konventionellem Allradantrieb.**
Die Fahrten fanden auf einer Teststrecke rund um Ingolstadt und im normalen Verkehr statt.
Auf den ersten Blick scheinen diese Anforderungen kaum vereinbar. Doch durch das Zusammenspiel der neu entwickelten Allradkomponenten und einer ausgeklügelten Betriebsstrategie haben die Audi-Entwickler dieses Ziel erreicht. Das Resultat: Die intelligente Steuerung des Allradantriebs arbeitet prädiktiv – sie blickt mithilfe einer umfassenden Sensorik und der kontinuierlichen Auswertung der ermittelten Daten zu Fahrdynamik, Straßenzustand und Fahrerverhalten stets voraus. In der Folge steht der quattro-Antrieb immer schon bereit, wenn er benötigt wird. Im Standardbetrieb bei niedrigen Lasten ohne das Risiko von Schlupf nutzt der neue quattro alle Vorteile des Frontantriebs.
Der Allradantrieb ist immer dann deaktiviert, wenn er nicht gebraucht wird, bleibt jedoch permanent verfügbar. Die potenzielle Verbrauchsdifferenz zwischen Frontantrieb und permanentem Allradantrieb lässt sich so signifikant reduzieren.
Die Strategie
Wenn der Fahrer den Allradantrieb braucht, ist dieser bereits aktiviert. Tatsächlich folgen alle Zu- und Abschaltungen einer hochdifferenzierten Strategie:
Die quattro-Elektronik ist mit einer Vielzahl weiterer Steuergeräte vernetzt. Im Takt von zehn Millisekunden erfasst und bewertet das System die unterschiedlichsten Daten – Lenkwinkel, Quer- und Längsbeschleunigung sowie Motormoment sind nur einige davon.
Das Zuschalten des Allradantriebs folgt einer dreistufigen Strategie – proaktiv, prädiktiv – also vorausschauend – sowie reaktiv.
Auf der proaktiven Ebene stehen die Daten, die die vernetzten Systeme im Auto liefern, im Fokus. Aus ihnen ermittelt das Steuergerät beispielsweise bei schneller Kurvenfahrt den Punkt, an dem das kurveninnere Vorderrad die Haftgrenze erreichen wird. Dabei rechnet es etwa 0,5 Sekunden weit voraus. Gelangt das Rad bis zu einem definierten Grad an die Haftgrenze, wird der Allradantrieb aktiv.
Beim prädiktiven Zuschalten orientiert sich das quattro-Steuergerät vor allem am Stil des Fahrers, am Status der ESC sowie am eingestellten Modus des drive select und an der Anhängererkennung.
Beim reaktiven Zuschalten – das in der Praxis selten auftritt – reagiert das System auf plötzliche Reibwertveränderungen. Diese treten beispielsweise auf, wenn die Räder von trockenem Asphalt auf eine Eisplatte geraten.
Generell ist der quattro-Antrieb im Winter häufiger aktiv als im Sommer, weil die Reibwerte dann niedriger sind. Der Allradbedarf ist generell bei mittleren und niedrigen Geschwindigkeiten mit Beschleunigungsphasen höher als bei zügiger Konstantfahrt. Daher liegt der Anteil des quattro-Betriebs speziell auf der Autobahn auf niedrigerem Niveau.
Aber auch auf einer verschneiten Straße kann das Auto nur mit Frontantrieb sicher unterwegs sein, wenn die Strecke gerade verläuft und die Geschwindigkeit konstant bleibt. Wird das Fahrzeug hingegen durchgehend dynamisch auf einer kurvigen Straße gefahren, dann bleibt der Allradantrieb immer aktiv, selbst bei trockenem, griffigem Asphalt.
Das optimale Verhältnis der Kraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse wird im aktiven Zustand kontinuierlich berechnet. Die Regelstrategie berücksichtigt ESC-Daten, Umgebungsbedingungen, Fahrzustand sowie Fahrerwunsch. Davon abhängig lassen sich die Momente stets ideal auf die beiden Achsen verteilen.
Für den Abschaltvorgangdes Allradantriebs steht generell ausreichend Zeit zur Verfügung – hingegen richtet sich die Geschwindigkeit, in der die Kupplungen zur Aktivierung schließen, nach den Anforderungen des Fahrbetriebs. Hier muss es in besonderen Fahrsituationen auch in Sekundenbruchteilen gehen.
Durch die Vernetzung des quattro-Antriebs mit Audi drive select hat der Fahrer die Möglichkeit, die Allradeigenschaften individuell einzustellen. Im auto-Modus des drive select erhält er bestmögliche Traktion und ausgewogene Fahrdynamik. Im dynamic Modus erfolgt die Momentenverteilung zur Hinterachse früher und in einem höheren Maße, so dass sich die Fahrdynamik insbesondere bei niedrigen Reibwerten steigern lässt. Die radselektive Momentensteuerung, eine Softwarefunktion der ESC, rundet das Handling bei Bedarf durch minimale Bremseingriffe an den kurveninneren Rädern ab.
Zwei Kupplungen – die Technologie
Den Effizienzgewinn machen zwei Kupplungen im Antriebsstrang möglich. Wenn das System in den Frontantrieb wechselt, koppelt die vordere – eine Lamellenkupplung am Ausgang des Getriebes – die Kardanwelle ab. Im Hinterachsgetriebe öffnet zudem eine integrierte Trennkupplung. Sie legt die Hauptverursacher von Schleppverlusten im hinteren Teil des Antriebsstrangs still. Zugleich ist der quattro-Antriebsstrang trotz der neuen Technikbauteile nahezu vier Kilogramm leichter als das bisherige System. Auch das spart Kraftstoff und fördert die Dynamik.
Die Lamellenkupplung
Die Allradkupplung befindet sich am hinteren Ende des Getriebes. Ein ins quattro-Steuergerät integrierter Elektromotor treibt einen Spindeltrieb an. Er aktiviert die Lamellenkupplung. Diese besteht – je nach Ausführung – aus einem Paket von fünf beziehungsweise sieben Lamellenpaaren, das im Ölbad läuft. Die Reibringe liegen paarweise hintereinander. Der erste ist fest mit dem Kupplungskorb verzahnt, der sich mit der Eingangswelle dreht. Der jeweils nächste ist mit der Abtriebswelle zum Hinterachsdifferenzial verbunden. Wenn die Lamellen zusammengepresst sind, ist der Allradantrieb aktiviert. Über den Anpressdruck der Lamellen kann stufenlos und dynamisch das Antriebsmoment zwischen den Achsen verteilt werden.
Die integrierte Trennkupplung
Die im Hinterachsgetriebe integrierte Trennkupplung folgt einem anderen Prinzip. Die Welle zum rechten Hinterrad ist hinter ihrem Austritt aus dem Differenzial unterbrochen. Die linke Teilwelle mit dem Achskegelrad im Differenzial und die rechte Teilwelle sind jeweils mit einem Klauenelement verbunden. Beide lassen sich formschlüssig koppeln.
Die Klauenkupplung wird elektromechanisch geöffnet und über vorgespannte Federn geschlossen. Sind sowohl die Allradkupplung als auch die Trennkupplung geöffnet, bleiben die für die Reibungs- und Schleppverluste relevanten großen Bauteile im Hinterachsgetriebe und die Kardanwelle stehen. Nur die Achskegel- und Ausgleichsräder im Differenzial – sie sorgen für den Drehzahlausgleich zwischen den Antriebsrädern des Fahrzeugs bei Kurvenfahrten – drehen sich lastfrei. Dabei verursachen sie aber nur sehr geringe Schleppverluste.
Für die Zuschaltung des Allradantriebs werden die stehenden Bauteile in Sekundenbruchteilen von der geregelten Lamellenkupplung beschleunigt. Das Schließen der Klauenkupplung erfolgt, sobald die Kardanwelle und somit das Differenzialgehäuse mit der erforderlichen Drehzahl rotieren. Dann löst ein elektromagnetisch bewegter Metallstift den Rasthebel. Die Federn entspannen sich und die Klauenkupplung schließt. Die Nutzung vorgespannter Federn beim Schließen der Trennkupplung erlaubt sehr kurze Zuschaltzeiten.
quattro mit ultra-Technologie – die Getriebe
Um einen deutlichen Effizienzgewinn im Einachsbetrieb zu realisieren, ist es entscheidend, dass die direkt angetriebene Achse über einen optimalen Wirkungsgrad verfügt. Dafür bringen auch die neue Generation der Handschaltgetriebe und der S tronic ideale Voraussetzungen mit; auch bei ihrer Entwicklung stand der Wirkungsgrad im Vordergrund.
** Angaben in Abhängigkeit vom verwendeten Reifen-/Rädersatz.
Status: 2/2016